Was gehört zu einer Unternehmenskultur? Gibt es „gute“ und „schlechte“ Kulturen und was hat eigentlich die Arbeitszeit mit Unternehmenskultur zu tun? Kultur im Unternehmen ist für den einen der morgendliche Kaffee mit den Kollegen, für den anderen die grüne Pflanze auf dem Schreibtisch und der nächste sieht die Kultur im eigenverantwortlichen Umgang mit seiner Arbeitszeit.
6 Stunden Arbeitstag – Schweden
Im Jahr 2003 reduzierte das schwedische Toyota-Werk in Göteborg die tägliche Arbeitsstundenzahl der Beschäftigten auf sechs Stunden – und der Lohn blieb unverändert. In Deutschland vorstellbar? Immer lauter wird der Ruf nach reduzierten Arbeitsstunden und mehr Zeit für Familie und Freizeit. Auch den Wunsch, die Arbeitszeiten eigenständig einzuteilen, vernimmt man immer öfter. Brandaktuell sind die Streiks der IG Metall und die durchgesetzten Forderungen der auf 24 Monate befristeten 28-Stunden-Woche.
In Schweden laufen bereits seit mehreren Jahren verschiedene Projekte im Gesundheits- und Sozialsektor mit einer 30-Stunden-Woche. Das die Wahl auf genau diese Branchen fällt, ist kein Zufall. Vor allem in Pflege- und Gesundheitsberufen sind die Beschäftigten oft überdurchschnittlich krank und die Fluktuation ist hoch. Ziel des Experiments ist, die Motivation und Zufriedenheit der Beschäftigten zu erhöhen und zugleich die Arbeitsproduktivität und Arbeitsqualität zu verbessern. Die Ergebnisse sind konträr: Weniger Krankmeldungen, mehr Produktivität und zufriedenere Mitarbeiter stehen dem Scheitern des Experiments gegenüber. Denn das Testergebnis zeigt: ein 6-Stunden-Tag ist viel zu teuer. Durch die reduzierte Tagesarbeitszeit mussten mehr Menschen eingestellt werden. Dies reduzierte zwar die Ausgaben für Arbeitslosenhilfe, da mehr Menschen Arbeit fanden, um die 6-Stunden-Tage zu kompensieren, jedoch schossen die Kosten bei vielen Experimenten durch die erhöhten Neueinstellungen in die Höhe. Zwei Fragen stellen sich jetzt jedoch:
- Wenn sich die Gesundheit der Beschäftigten verbessert, wie steht es dann langfristig mit den Ausgaben des Gesundheitssystems?
- Wenn Beschäftigte gesünder, motivierter und leistungsfähiger sind, steigt dann nicht auch die Produktivität und senkt das langfristig nicht wiederum die Kosten?
Hygge und lagom
Arbeitszeiten und deren Modelle scheinen sich aber auch im Sinne der Mentalität verschiedener Kulturen zu unterscheiden. Bei den Dänen heißt es „hygge“, die Schweden nennen es „lagom“.
„Hygge“ steht für Gemütlichkeit, Geborgenheit – das Freizeitgefühl und Zeit für Familie und Freunde.
Die Glücksphilosophie „lagom“ der Schweden bedeutet so viel wie „nicht zu viel, nicht zu wenig, genau richtig“ oder auch „optimal, adäquat“.
Man kann zum Beispiel eine „lagom“ Menge Fleisch auf dem Teller haben oder in einem „lagom“ Haus wohnen. Oder eben „lagom“ leben, arbeiten und ein Unternehmen führen. In der heutigen schnelllebigen Gesellschaft freuen wir uns, wenn es mal eben nicht zu schnell oder zu langsam geht, zu laut oder zu leise, zu viel oder zu wenig ist – sondern wir entsprechend unserer Fähigkeiten, Ressourcen und Kapazitäten unser Ziel erreichen können. Genau diese Mentalität könnte die Schweden zum Experiment des 6-Stunden-Arbeitstages geführt haben.
Arbeitszeit und Kultur in Deutschland
Doch wäre so etwas in Deutschland überhaupt vorstellbar? Die Strebsamkeit, der Fleiß und das „Höher, Schneller, Weiter“ sitzen in vielen deutschen Köpfen fest verankert. Wer sich beruflich durch eine Reduzierung der Arbeitszeit verändern möchte, kann damit rechnen, misstrauisch beäugt zu werden. Vielleicht ist es aber auch der Neid, der in den Gedanken der Menschen mitspielt.
„Es ist gefährlich, einen extrem fleißigen Bürokollegen einzustellen, weil die anderen Mitarbeiter ihm dann dauernd zuschauen.“
– Henry Ford –
Eine Betrachtung der Arbeitszeitmodelle im Unternehmen scheint in jedem Fall sinnvoll zu sein. Die Arbeitszeit muss zu Mensch und Unternehmen passen. Ein Schichtsystem muss beispielsweise kein Schichtsystem bleiben – es gibt so viele Möglichkeiten ein optimiertes Schichtsystem für ein Unternehmen zu entwickeln. Die Arbeitszeitgestaltung und Arbeitszeitmodelle werden als wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur gesehen und daher auch in der Beratung der VIACTIV Krankenkasse zum betrieblichen Gesundheitsmanagement und der damit verbundenen gesundheitsgerechten Arbeitsplatzgestaltung der Beschäftigten berücksichtigt. Der Einfluss der Arbeitszeitgestaltung wirkt sich dabei mit Sicherheit auf die Unternehmenskultur und damit auch auf die Gesundheit der Beschäftigten aus.
Interessante Informationen und Hilfestellungen zum Thema „Arbeitszeit“ gibt es hier: www.arbeitszeitbox.de
Autorin
Saskia Müller, VIACTIV Krankenkasse
Die VIACTIV betreut mit etwa 1.500 Mitarbeitern bundesweit an über 60 Standorten ca. 730.000 Versicherte und 110.000 Firmenkunden, Vertragspartner und Leistungserbringer. Damit ist sie eine der größten Krankenkassen in Deutschland. Hauptsitz ist Bochum (NRW).
VIACTIV ist hervorgegangen aus Fusionen der Betriebskrankenkassen namhafter Betriebe: u.a. Krupp, Mannesmann, Opel, Dräger, Evonik, LWL, Werften in Rostock und Wismar.
Mit einer 11-köpfigen Abteilung für betriebliches Gesundheitsmanagement und Prävention bringt sich die VIACTIV aktiv in die Gestaltung gesundheitsförderlicher Prozesse in Unternehmen und Lebenswelten und somit auch in die Umsetzung einer gesunden Unternehmens- und Lebensweltenkultur ein.
Die VIACTIV Krankenkasse unterstützt das #CCCHHH18 und ist am 13. und 14. April 2018 vor Ort. Wir freuen uns!
Bildquelle: Carsten Bender / VIACTIV).