Kultur hängt nicht am Lügenbaum

Kurz vor dem nächsten CorporateCultureCamp sprachen wir mit unser Sponsorin Felicitas Saurenbach, Führungswerk Hamburg:

Felicitas, du bist jetzt zum dritten Mal Sponsor des Corporate Culture Camps. Was motiviert dich, diese Veranstaltung immer wieder zu unterstützen? 

Das CCC gibt es jetzt seit 4 Jahren und ich bin begeistert von diesem „Cross-Over“: Unternehmer, Personaler, Studierende, Berater, Pädagogen, Vertreter aus Start ups, Fintechs u.v.a. Ein Kreis von Menschen aus unterschiedlichen Fachrichtungen, die aktiv in den Diskurs zum Thema Unternehmenskultur gehen und sich gegenseitig fordern. Sehr inspirierend. Und nicht so der übliche „Einheitsbrei“ mit Buzzwords. Außerdem hat Uli Zens von modatio als Initiatorin gemeinsam mit euch Partnern eine Lernatmosphäre geschaffen, die einzigartig ist. Menschen gehen miteinander in Resonanz, der Diskurs wird gefördert und neue Wege entstehen. Diesen Diskurs zu fördern und Räume zu schaffen, wo neue Wege entstehen, da sind wir gerne als Führungswerk Hamburg dabei und leisten unseren Beitrag, um solche Veranstaltungen zu ermöglichen.

Beim Corporate Culture Camp sind wir auf der Suche nach der Unternehmenskultur. Du bist als Beraterin in vielen Organisationen tätig, wo suchst du dort nach der Kultur? An welchen Stellen findest du sie?

Ich bin seit 20 Jahren als Unternehmensberaterin in den Themen Strategieentwicklung, Führungskultur und Werteökonomie unterwegs und habe Projekte in Unternehmen mit 27 – 3.500 Mitarbeitern geleitet. Ich suche nicht nach Kultur, ich finde sie: Bei der Begrüßung, wenn ich in ein Unternehmen komme, in der Art und Weise wie miteinander gesprochen wird, in der Atmosphäre in Projektbesprechungen, wie gemeinsam an Aufgaben gearbeitet wird, im „Guten-Morgen“ auf den Gängen, im Miteinander mit Kunden, im Umgang mit Fehlern, in „typischen“ Redewendungen. Kurzum: Im „Wie des täglichen Miteinanders“ bei der Umsetzung von Unternehmensstrategien. Aber vor allem in den Gesprächen mit Mitarbeitern und Führungskräften im Unternehmen. So erzählte mir vor einiger Zeit ein Mitarbeiter: „Schauen Sie in unser Foyer, da hängt unser Lügenbaum“. Da hing ein Mobilé, ein wunderschönes Objekt, von einem Künstler gestaltet. Es war in einem der unzähligen Workshops zum Thema Leitbild, Werte und Führungsgrundsätze entstanden.Tragisch nur, dass die Werte, die auf den einzelnen Mobiléelementen zu lesen waren, im Führungsalltag dieses Unternehmens nur „Makulatur“ waren. So wurde aus einer „guten Idee“ ein „Deko-Element“ nicht wirksamer Führung. Der später installierte „Feelgood-Manager“ konnte dann auch nichts mehr richten. Führung ist eben Haltung und Handwerk. Und das zeigt sich in der Führungskultur. In der Art und Weise wie Führungskräfte sich selbst, Mitarbeiter und letztlich das Unternehmen führen. Im Kit in den Fugen des Alltags.

Der Unternehmenskultur wird ja oft Gutes und vielfach Böses angelastet. Welchen positiven oder negativen Situationen hast du in deiner Tätigkeit erlebt, bei denen Kultur Ihre Finger im Spiel hatte? 
Ein positives Erlebnis von Unternehmenskultur habe ich gerade im Januar in einer Genossenschaftsbank in Mecklenburg-Vorpommern erlebt. Die gesamte Führungsmannschaft inkl. der beiden Vorständen hat dort in Workshops ihr gemeinsames werteökonomisches Strategie- und Führungsverständnis weiterentwickelt. Eine Bank, die ihre genossenschaftlichen Wurzeln nicht nur in Festreden zitiert, sondern im täglichen Handeln als Grundlage für ihre ökonomische Erfolgsformel ernst nimmt und erlebbar macht. Dort geht es nicht nur um betriebswirtschaftliche Ergebnisse, sondern vor allem um das WIE:  WIE beraten wir Kunden?, WIE arbeiten wir miteinander ?, Wofür stehen wir als BANK ? und WIE erleben das unsere Mitarbeiter, Mitglieder und Kunden? Auf YouTube ist ein wunderbarer Film über den „Genossenschaftsbaum“ entstanden, gestaltet von den Auszubildenden der Bank, zum Thema genossenschaftliche Werte und Kultur und deren Relevanz für ökonomischen Erfolg. Das wirklich Faszinierende an der ganzen Sache war: Sie meinen das, was sie sagen und sie tun es dann auch. Egal aus welcher Perspektive du darauf guckst: Sie sind in ihrem Tun klar, konsistent und somit glaubwürdig. Und das spürst du. Es ist für mich jedes Mal ein bewegender Moment, wenn die Energie der Menschen in solchen Projekten anfängt zu fließen und sie gemeinsam ein großes Ganzes entstehen lassen. Das Strahlen in den Gesichtern und zugleich die Demut in solchen Momenten. Ganz nach dem Zitat von Dr. Alfred Herrhausen: „Wir müssen das was wir denken sagen, das was wir sagen tun und das was wir tun, dann auch sein.“ Das ist für mich unternehmerisch verantwortungsvolles Handeln. Es schafft Klarheit, Orientierung und ist Anspruch und Haltung zugleich. Jeden Tag.
Ich kenne niemanden, der die Unternehmenskultur schon jemals zu Gesicht bekommen hätte. Welche Hinweise kannst du uns nennen, um ein „Phantombild“ anzufertigen? 
Ich würde nicht nur ein Phantombild anfertigen, sondern die Erkenntnisse der Neurowissenschaften nutzen und unser zweites Gehirn, das Bauch-Hirn, bewusst wahrnehmen, um Kultur zu spüren: Welche Energien nimmst du wahr, wenn du mit diesem Unternehmen in Kontakt bist?
Und zweitens würde mit dem von mir entwickelten Strategiemodell „Haus der Werteökonomie“ werte-  und betriebswirtschaftliche Zusammenhänge in den vier Räumen: Kunde | Steuerung | Führung | Struktur und Prozesse reflektieren.
Welchen Nutzen stiftet das Unternehmen für seine Kunden? Wie wird Erfolg definiert und wie wird dieser gesteuert? Wie führen Führungskräfte sich selbst und andere? Und wie sind die Strukturen und Prozesse gestaltet, um das alles zu ermöglichen? Und damit möchte ich letztlich zum Ausdruck bringen: Die Unternehmenskultur ist der betriebswirtschaftliche Erfolgsfaktor Nr. 1. Und je eher ein Unternehmen versteht, dass es keinen Sinn macht „Daily Business“ zu machen und „nebenbei“ über Werte, Kultur und Leitbilder zu sprechen, desto besser. Kultur hat etwas mit Führung, Führung mit Steuerung und Steuerung mit betriebswirtschaftlichem Handwerkszeug und Haltung zu tun. Wir bei Führungswerk nennen es kurz fw = führungskultur & werteökonomie.
Danke für das Interview und bis nächste Woche beim CoporateCultureCamp!
Felicitas Saurenbach

Mit Felicitas Saurenbach sprach Claus Vormann 

Felicitas Saurenbach ist Sponsorin des CorporateCultureCamps 2018. Sie ist Gründerin und Inhaberin der gleichnamigen Unternehmensberatung für Führungskultur & Werteökonomie und von FÜHRUNGSWERK Hamburg. Werteökonomische Strategieentwicklung, operative Umsetzung und die Entwicklung wirksamer Führungskompetenzen sind ihre Stärke.
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